Spielend den Schrecken überwinden

Häusliche Gewalt, Unfälle, Todesfälle und andere schwierige Situationen sind für Angehörige, besonders aber für Kinder sehr belastend und manchmal auch traumatisierend. Seit vielen Jahren kümmern sich Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger akut vor Ort um diese Menschen: Alarmiert von Rettungskräften oder der Polizei rücken sie zu jeder Tageszeit aus, um in seelischen Notlagen als Ansprechpartner und Begleiter zur Seite zu stehen. Seit Sommer 2024 ist auch Nora Menne-Walden Notfallseelsorgerin bei der Feuerwehr in Hagen. Wenn die 36-jährige in einen Einsatz geht, bei dem kleine Kinder betroffen sind, hat sie immer ein Spielzeug dabei. Das bekommt sie als Spende vom „Rückspiel“, dem ganz besonderen Projekt des Werkhofs in Hohenlimburg.

„In unserem Notfallrucksack haben wir ein Büchlein über das Sterben für ältere Kinder, aber wir brauchen auch Sachen, die ohne Sprache funktionieren“, sagt Nora Menne-Walden. „Kinder verarbeiten solche Ereignisse anders als Erwachsene, eher spielend. Die Kolleginnen und Kollegen wissen das natürlich und haben daher diese Dinge oft selbst gekauft.“ Und da hatte sie eine Idee: Das Rückspiel hat doch genau sowas!

Ganz zufällig ist Nora Menne-Walden dabei nicht auf das Werkhof-Projekt gekommen. Denn hier hat sie selbst einmal gearbeitet: Während ihres Studiums hatte die angehende Pädagogin 2010 beim Werkhof ein Praktikum absolviert und bekam nach dem Studium 2013 einen Vertrag. Sie sammelte Berufserfahrung im „Nähstübchen“, dem heutigen Patchwerk, kümmerte sich um Öffentlichkeitsarbeit, Qualitätsmanagement, die Jugendwerkstatt und leitete eine Zeitlang auch das Rückspiel. 2019 wechselte sie dann zunächst zum Diakonischen Werk in die betriebliche Sozialarbeit und schließlich, nach einer Elternzeit, zur AWO, wo sie seit 2023 als Teamleitung arbeitet.

„In den Sozialen Medien sah ich eines Tages einen Aufruf der Feuerwehr, sich als Notfallseelsorgerin zu bewerben“, sagt Nora Menne-Walden. „Das hat mich sofort gereizt.“ Notfallseelsorge wurde früher von den Kirchen organisiert, doch aufgrund von Personalmangel und gesellschaftlichen Veränderungen an die Feuerwehr übergeben: „Schließlich haben viele Betroffene keinen christlichen Hintergrund, brauchen aber natürlich genauso Hilfe.“ Anfang 2024 begann Nora Menne-Walden ihren sechsmonatigen Kursus, der zudem durch einen Grundlehrgang als Feuerwehrfrau ergänzt wird. Nicht weil sie im Fall des Falles mit anpacken muss: „Wir kommen erst hinzu, wenn die unmittelbare Gefahr vorbei ist. Aber ich muss natürlich verstehen, was die Einsatzleitung anordnet. Da ist viel Fachjargon im Spiel.“

Die Notfallseelsorge bildet innerhalb der Freiwilligen Feuerwehr tatsächlich eine eigene Löschgruppe, aber das hat rein organisatorischen Charakter. Brände sind die absolute Ausnahme bei den Einsätzen. Meist handelt es sich um Vorkommnisse im häuslichen Umfeld. Notfallseelsorgende begleiten aber auch die Polizei, wenn es zum Beispiel um die Überbringung von Todesnachrichten an die Angehörigen geht. Was die Kleinsten angeht, fühlt sich Nora Menne-Walden jetzt gut ausgestattet. Eine erste Spende des Rückspiels konnte sie inzwischen entgegennehmen. Die wird im Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Eckesey, zu der die Notfallseelsorge Hagen gehört, aufbewahrt und steht allen Kolleginnen und Kollegen des Notfallseelsorgeteams zur Verfügung. „Jetzt ist immer ein Teddy im Rucksack“, freut sich Nora Menne-Walden. Ihr Ziel ist eine kontinuierliche Kooperation mit dem Rückspiel, und dafür möchte sie auch bei Kolleginnen und Kollegen aus anderen Städten werben. Deshalb hat sie immer auch Flyer vom Rückspiel im Gepäck.

Im Lager des Projektes Rückspiel findet sich immer geeignetes Spielzeug für die Notfallseelsorge. Von links: Ina Schulz, Sozialpädagogin, Beate Jagusch, Teilnehmerin und Nora Menne-Walden, Notfallseelsorgerin.