Foodsharing: Halveraner retten Lebensmittel

Foodsaver in Aktion: Sven Keller, Leiter des Werkhofs, stellt Vanessa Förster-Köhne, Anne-Kathrin Brefka (von links) und den anderen Foodsavern die Garage am Werkhof zur Verfügung. Mit dabei war auch die Botschafterin für den Bezirk, Andrea Münnekehoff (4. von links).

Halver – Supermärkte schmeißen massenhaft Lebensmittel weg. Foodsharing will das beenden. Auch in Halver. Sie retten Lebensmittel – aber nicht für Bedürftige, sondern um ein politisches Signal zu senden.

Auf dem Gelände des Werkhofs in Halver nutzt die Initiative Foodsharing eine Garage, um Lebensmittel, die andere wegschmeißen, zu teilen.

Foodsharing ist eine Initiative, die sich 2012 gegründet hat. Sie setzt sich gegen Lebensmittelverschwendung ein, indem Lebensmittel, die sonst im Müll landen würden, gerettet werden und an andere Menschen gegeben werden.

Macht das nicht schon die Tafel?
 „Die Tafel hat immer Vorrang“, sagt Andrea Münnekehoff, Botschafterin vom Foodsharing-Bezirk Halver, Hückeswagen, Radevormwald und Wipperfürth. Auch Foodsharing fährt die Supermärkte ab, um Lebensmittel abzuholen, die nicht mehr verkauft werden können. Aber erst dann, wenn die Tafel schon da war oder an Tagen, an denen die Tafel nicht kommt. Die Tafel jedoch richtet ihr Angebot gezielt an Bedürftige. Und die Bedürftigkeit muss auch nachgewiesen werden. Oft arbeiten Die Tafel und Foodsharing auch zusammen, sagt Andrea Münnekehoff. Es gibt keine Konkurrenz zwischen beiden Organisationen.

Für wen ist Foodsharing gedacht? 

„Für jeden“, betont Andrea Münnekehoff. „Auch für Millionäre.“ Das Angebot richtet sich nicht an Bedürftige. Es geht nur darum, Lebensmittel zu verteilen, statt sie wegzuschmeißen.

Woher kommen die Lebensmittel?
Das ist ganz unterschiedlich. Ein Großteil der sogenannten Foodsharer (Lebensmittelteiler) sind Supermärkte. Aber auch Privatpersonen stellen ihre Lebensmittel, die sie selbst nicht mehr brauchen, zur Verfügung. Es komme auch schon mal vor, dass bei Geburtstagsfeiern etwas übrig bleibt.

Wer holt die Lebensmittel ab?
Die sogenannten Foodsaver, also Lebensmittelretter, holen die Lebensmittel überall ab, wo sie angeboten werden. Das machen sie ehrenamtlich und neben ihren anderen Tätigkeiten. Für die Fahrten nutzen sie ihre eigenen Pkw. Die Tafel hat eigene Fahrzeuge – zum Teil mit Kühlung.

Seit wann gibt es Foodsharing in Halver?
Seit August. Im Sommer begann die Testphase, um zu sehen, ob das Angebot angenommen wird.

Und wie wurde es angenommen?
„Es hat von Anfang an gut funktioniert“, sagt Foodsaverin Vanessa Förster-Köhne. Das kann auch Sven Keller bestätigen. Der Werkhofleiter sieht von seinem Büro aus, dass sich manchmal ganze „Trauben von Menschen tümmeln“.

Also war Foodsharing auch in Halver nötig?
„Ja, absolut“, sind sich die Foodsaver einig. Die Menschen wüssten gar nicht, wie viele Lebensmittel weggeschmissen werden – obwohl sie noch gut sind.

Was sind das alles für Lebensmittel?
Es fängt bei Obst und Gemüse an, das nicht mehr so schön aussieht – braune Bananen zum Beispiel oder ein Sack Klementinen, in dem eine Dellen hat. Es geht weiter mit Milchprodukten, die über dem Verfallsdatum sind, aber trotzdem nicht schlecht. Aber auch ganz viele saisonale Produkte, die in dem Supermärkten sind. Zum Beispiel passend zu Ostern, Weihnachten, Halloween, Oktoberfest oder Valentinstag. Wenn die Feiertage vorbei sind, muss auch die Aktionsware aus dem Laden, obwohl sie nicht verdorben ist. Brötchen und Brote vom Vortag gibt es kistenweise. Aus Privathaushalten können das Lebensmittel sein, die man irrtümlich gekauft hat oder Dosen und Eingemachtes, das einfach nicht gegessen wird.

Muss man etwas abgeben, wenn man sich etwas mitnimmt?
Nein. Jeder kann kommen und sich etwas nehmen, ohne etwas zu geben.

Ja. Auf Schildern ist erklärt, wo welche Produkte hinkommen. Auch einen Kühlschrank gibt es. Ist immer jemand vor Ort? Nein. Einmal am Tag kommt in jedem Fall ein Foodsaver vorbei und schaut, ob alles in Ordnung ist. Aber es ist nicht durchgängig jemand da. Die Öffnungszeiten orientieren sich an denen des Werkhofs.

Wieso ist es wichtig, Lebensmittel zu retten?
Etwa ein Drittel aller Lebensmittel werden verschwendet. Und dabei werde nicht nur das Lebensmittel an sich weggeworfen, sondern auch die Ressourcen, die in Anbau, Ernte, Verpackung, Transport und Lagerung geflossen sind. Die Verschwendung findet überall statt: bei Anbau, Ernte, Weiterverarbeitung, Verkauf sowie beim Endverbraucher.

Darauf will Foodsharing also aufmerksam machen?
Ja. Foodsharing will für das Thema sensibilisieren, soweit möglich, bei allen Akteuren, mit denen die Initiative in Kontakt steht.

Ist das in Halver schon gelungen?
Ja. Normalerweise werden Lebensmittel in Supermärkten weggeschmissen, wenn sie nicht abgeholt werden. In einigen Supermärkten wurden diese Tonnen bereits von fünf auf eine einzige Tonne reduziert. Denn selbst verdorbenes Obst und Gemüse holt Foodsharing ab, weil sie in Kontakt mit Landwirten stehen, die ihre Tiere damit füttern. Und wenn die Lebensmittel einmal ungenießbar sind, haben sie einen privaten Abnehmer mit einer Biogasanlage. „Wir schmeißen keine Lebensmittel mehr weg“, sagt Andrea Münnekehoff.

Foodsaver und Foodsharer sind immer gefragt. Registrieren kann man sich hier. „Eigentlich wollen wir gar nicht existieren“, sagt Andrea Münnekehoff. „Wir freuen uns, wenn ein Supermarkt nichts für uns hat – dann haben sie alles richtig gemacht.“