Geschützte Kommunikation in Schön

Besondere Situationen erfordern neue Wege – im Verhalten, aber manchmal auch in der Art und Weise, wie wir Begegnungen organisieren. Der „Spuckschutz“ an der Supermarktkasse oder am Empfangstresen beim Arzt ist seit Ausbruch der Corona-Pandemie ein alltägliches Utensil geworden. Mit Beginn der zweiten Welle und kaum noch nachverfolgbaren Infektionswegen denken Verantwortliche in Problembereichen zunehmend über dauerhaftere und weniger provisorische Lösungen nach.

Zum Beispiel die Leitung der Städtischen Kindertagesstätte in der Eugen-Richter-Straße. Hier gibt es nicht nur viele Kinder, sondern natürlich auch deren Eltern. Die Gefahr einer Ansteckung ist für das Personal des Familienzentrums, zu dem die Kita gehört, daher besonders hoch. Zwei Herausforderungen spielen eine besondere Rolle: Wie erkennt man infizierte Kinder und stellt sicher, dass sie in Quarantäne bleiben? Und wie verhindert man, dass sich das Personal infiziert?

„Bislang gab es bei uns ein Betretungsverbot für die Eltern“, erläutert Maren Rühl-Malachia, die Leiterin der Kita. „Gespräche oder die Übergabe von Dokumenten fanden aus Infektionsschutzgründen vor der Eingangstür statt. Mit Blick auf den heranziehenden Winter war das natürlich kein Zustand.“ Eine räumliche Barriere musste her, so die Erkenntnis, aber eine, die mehrere Funktionen in sich vereint. Sie sollte eine einfache, geschützte Kommunikation ermöglichen und zum Beispiel auch eine sichere Möglichkeit bieten, bei den Kindern die Körpertemperatur zu messen. Schließlich gilt Fieber als sicheres Indiz für eine Corona-Infektion, und selbst wenn es kein „Corona“ ist: Mit Fieber bleibt ein Kind in jedem Fall besser zuhause.

Mit der Idee für eine Art Tresen mit integrierter Fiebermessstation trat die Kita-Leitung schließlich an das städtische Gebäudemanagement heran. Dort erinnerte man sich an die guten Erfahrungen, die man mit den Handwerkern des Werkhofs bei verschiedenen Renovierungsprojekten gesammelt hatte. Über Mandy Baltzer, Leiterin des Bereichs Malerarbeiten und Trockenbau beim Werkhof, wurde der Kontakt hergestellt. Schließlich beherbergt der Standort Eichendorffstraße nicht nur das beliebte Sozialkaufhaus „Möbel & Mehr“, sondern auch eine bestens ausgestattete Schreinerei. Gemeinsam mit deren Werkstattleiter Holger Peetz erörterte Mandy Baltzer vor Ort zunächst die Grundfunktionen und das Design sowie die groben Maße.

„Wir haben dabei bewusst kein typisches Kindergarten-Design gewählt“, erläutert Peetz. „Das Möbelstück sollte einerseits Funktionalität ausstrahlen, andererseits auch vermitteln, dass es sich um eine ernste Angelegenheit handelt und nicht um ein Spiel.“ Zurück in seiner Werkstatt machte sich Holger Peetz an den Entwurf. Auf dem Zeichenblock entstand ein wuchtiger Tresen mit gerahmter Plexiglasscheibe und Dokumentenschublade, ähnlich wie an einem Bankschalter oder Nachttankstellen. Auf der Vorderseite wurde eine klappbare Ablage- und Schreibfläche vorgesehen, während die Rückseite neben Fächern für Aktenordner, Utensilen, Geräte und Taschen auch einen kleinen ausziehbaren Schreibtisch enthält. An den Seiten des Tresens wurden Schwingtüren geplant, die einen Durchgang hinter den Tresen ermöglichen. Alles sollte auf Rollen gestellt werden, um das Möbel bei Bedarf (z.B. wenn geputzt wird) einfach zur Seite stellen zu können. Bei der Gestaltung entschied sich Holger Peetz gemeinsam mit der Kita-Leitung für ein Jugendstil-Design: „Das ist typisch für den Stadtteil Wehringhausen, und wir wollten dieses typische Design auch nach drinnen holen.“

Mit dem fertigen Entwurf ging es noch einmal zurück in die Kita für ein genaues Aufmaß, danach dann an die Arbeit. Der Korpus des Tresens entstand aus so genannten „MDF-Platten“, wobei das MDF für „mitteldichte Holzfaserplatte“ steht. „Das ist ein Material, das stabil, leicht zu verarbeiten und zu behandeln ist“, weiß Werkstattleiter Peetz. Für das Innenleben verwendete der Fachmann kunststoffbeschichtete Spanplatten. Die müssen nicht lackiert werden und erfüllen trotzdem die Hygieneanforderungen. Die Jugendstil-Applikationen schließlich wurden von alten Möbeln recycelt, von denen Holger Peetz immer ein paar „in Petto“ hat. Besondere Aufmerksamkeit widmete er auch den Schwingtüren. Deren Rückfederkraft wurde so eingestellt, dass insbesondere kleine Kinder hier nicht einfach – zum Beispiel beim Spielen – hindurchlaufen können. Nach viereinhalb Tagen war der Prototyp fertig.

Am 2. November wurde der Tresen schließlich an die Städtische Kita in Wehringhausen ausgeliefert –  inklusive Sicherheitsunterweisung. Maren Rühl-Malachia zeigt sich sehr zufrieden mit dem neuen Möbelstück. „Tatsächlich wurden meine Erwartungen noch übertroffen. Das Team vom Werkhof hat mit eigenen Ideen für Design und Funktion eine tolle Lösung geschaffen, die auch bei den Eltern sehr gut ankommt. Und obwohl der Tresen ja eigentlich für Distanz sorgt, wirkt er freundlich und einladend.“ Maren Rühl-Malachia ist überzeugt, dass auch andere Einrichtungen von einer solchen Lösung profitieren würden.

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