Kaum etwas ist so vergänglich wie Spielzeug – das muss nicht nur Cowboy „Woody“ im Animationsfilm „Toy Story“ erfahren. Was eben noch Jauchzen und glänzend-große Augen hervorrief, ist manchmal schon ein halbes Jahr später langweilig, uncool und liegt unbeachtet in der Ecke. Nur wenige Spielzeuge schaffen es in die Vitrine eines Sammlers oder bleiben zeitlebens als Glücksbringer und Erinnerungsstück bei ihrem Menschen.

Was aber tun mit all den anderen, abgelegten Spielsachen? Im „Rückspiel“, einem Werkhof-Projekt mit vielsagendem Titel, schaffen einige von ihnen den Sprung in ein zweites Kinderzimmer. Und helfen ganz „nebenbei“ Menschen, die aufgrund verschiedenster Ursachen Schwierigkeiten haben, im Arbeitsleben Fuß zu fassen. So gesehen sind die Spielzeuge Mittel zum Zweck: „Es geht im Rückspiel nicht nur um das Produkt Spielzeug“, erläutert Sozialpädagogin Ina Schulz, die das Projekt betreut. „Unser Ziel ist, Menschen wieder fit zu machen für den Alltag und das Berufsleben. Das Rückspiel dient als Übungsfirma, in dem es vom Wareneingang über die Sortierung, Überprüfung, Aufarbeitung, Verpackung und Auslieferung alle Bereiche wie in einem richtigen Unternehmen gibt.“ Angesiedelt ist diese Übungsfirma am Werkhof-Standort in der Herrenstraße in Hohenlimburg. Bis zu 45 Menschen arbeiten hier, aufgeteilt auf zwei Schichten zu je sechs Stunden. Sie stammen aus allen Altersgruppen. Zugewiesen werden die Teilnehmer vom Jobcenter jeweils für sechs Monate, die nach Bedarf verlängert werden.

Strenge Qualitätskontrolle

Stofftiere kommen für einige Tage zunächst in die Tiefkühltruhe und anschließend in die Waschmaschine um auch dem widerstandsfähigsten Keim oder Kerbtier den Garaus zu machen. Die Funktion von Technikspielzeug oder die Vollständigkeit von Spielen sind ebenfalls wichtige Kriterien. „Wir überprüfen sogar Puzzlespiele,“ nennt Michaela Klötzer ein Beispiel. Sie ist auch Fachanleiterin im Werkhof und weiß: „Nichts ist frustrierender als ein fehlendes Teil bei einem 1000-Teile Bild.“ Unvollständiges Spielzeug wie Spiele, Lego oder Playmobil-Bausätze werden – wenn möglich – aus dem angesammelten Fundus komplettiert. Alles wird gereinigt, soweit wie möglich aufgearbeitet und instandgesetzt, anschließend in Folie eingeschweißt und eingelagert. Die Lager- und Bestandsprüfung erfolgt durch die Teilnehmer am Computer.

Wobei die meisten Spielzeuge nicht lange im Lager bleiben – sie werden gewissermaßen zurück gespendet: „Unsere Spielsachen stehen den Kindern zur Verfügung, deren Familien nur wenig Geld haben und sich kein Spielzeug leisten können“, sagt Michaela Klötzer. Elternpaare und Alleinerziehende, die ihre Bedürftigkeit nachweisen, können sich einmal pro Quartal im Rückspiel mit Spielzeugen eindecken. „Dazu reicht die Vorlage eines Bürgergeld-Bescheides aus“, bestätigt Ina Schulz. „Wir achten bei der Abgabe jeweils darauf, dass die Spielzeuge altersgerecht sind.“

Von Jung bis Alt

Anfragen kommen aber auch aus anderen Bereichen: Ob Lernspielzeug für die Kita oder Gesellschaftsspiele für das Seniorenheim – das Rückspiel erledigt alle „Aufträge“ gewissenhaft, jedoch ausschließlich für caritative Zwecke. Ein Teil der Spielzeuge geht über Hilfsorganisationen auch ins Ausland. Käuflich erwerben kann man die Spielzeuge nicht, abgesehen von wenigen Ausnahmen: Im kleinen Ladenlokal in der Oberen Isenbergstraße bietet das Rückspiel Liebhaberstücke und Antiquitäten an, die für Kinder nicht geeignet sind. Dort finden sich dann zum Beispiel ein altes Schaukelpferd oder Blechautos aus vergangenen Jahrzehnten. Der Erlös fließt wiederum zurück in das Projekt Rückspiel und kommt den dort beschäftigten Menschen zugute.

Daran anknüpfend erinnert Michaela Klötzer noch einmal an den Zweck des Rückspiels: „Diese gründliche Vorgehensweise samt Dokumentation und Qualitätsprüfung dient dazu, unseren Beschäftigten die Struktur und das Gefühl einer sinnvollen Arbeit zu vermitteln. Viele sind aufgrund von Behinderungen oder dauerhaften gesundheitlichen Einschränkungen schon länger arbeitslos und derzeit nicht in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermitteln. Die Teilhabe an einem geregelten Arbeitsalltag hilft ihnen dabei, eine positive Haltung zu entwickeln und den Weg zurück ins Leben zu finden.“

Mehr über das Projekt „Rückspiel“ erfahren Sie hier.

Auch Barbie muss duschen: Die beliebten Puppen werden hier gründlich gereinigt, bevor sie überprüft und wieder komplettiert werden.

Im Zwischenlager warten die gereinigten und auf ihren Zustand überprüften Spielsachen auf die weitere Bearbeitung. Puzzelbilder werden beispielsweise einmal vollständig zusammengesetzt, um sicherzustellen, dass kein Teil fehlt. Beschädigte, aber reparaturfähige Spielzeuge gehen in die Werkstatt. Nach dieser Prozedur werden sie eingeschweißt und sortiert.

In der Verwaltung pflegen Teilnehmer die für den Warenausgang und die Einlagerung bestimmten Spielzeuge am Computer in Bestandslisten ein und zeichnen sie aus. Dann werden sie nach verschiedenen Kriterien sortiert und eingelagert. Hier finden wir beispielsweise auch eine Kiste mit Barbiepuppen.

In der Werkstatt werden beschädigte Spielzeuge und Spielgeräte wieder hergerichtet, egal ob Holzspielzeug, Kinderkaufladen oder Bobbycar. Manchmal entstehen aus den Überresten auch ganz neue Dinge wie diese Puppenkrippe.  

Im Lager des „Rückspiel“ warten die Spielsachen übersichtlich sortiert auf neue Freunde und Liebhaber. Übrigens finden sich hier auch Kinderbücher und -tonträger.